Fund/Stücke

Wunschlos fair – eine heidlmair‘sche Vertrauenskultur

von Tomá Ivanov
21. 06. 2022
Lesezeit: 3 Minuten

Mein erster Monat als Konzeptionist und Texter bei Heidlmair brachte eine angenehme Überraschung: Eine ungefragte, sozusagen wunschlose Gehaltserhöhung. Um die Folgen der für uns alle spürbaren Rekordinflation abzufedern hebt Heidlmair aus freien Stücken die Gehälter aller Mitarbeiter:innen um 5,5 Prozent an – ab 2023 werden diese dann jährlich angeglichen (siehe Heidlmair Index: https://www.heidlmair.com/culture).

Ein pionierhafter Vorstoß in der oö. Kommunikationsbranche, da es hier im Gegensatz zu anderen Branchen keine gesetzlich geregelte Indexanpassung gibt. Heidlmair lebt damit eine Vertrauenskultur, die nicht alle Tage zu finden ist, die jedoch – wie ich schnell erkennen konnte – integraler Bestandteil der heidlmair’schen Work-Ethik ist.

Let’s talk about trust

Was bedeutet eigentlich Vertrauen? Im privaten sowie in beruflichen Belangen ist es die Gewissheit oder das Gefühl, nicht ausgenutzt zu werden. In geschäftlichen Angelegenheiten ist dies allerdings seltener zu finden, im Privatbereich scheint es dagegen eine selbstverständliche Forderung zu sein.

Im Hinblick auf meine etwas untypische Biografie als Musiker und Wortjongleur – aus Erfahrung weiß ich, dass der Musikertypus, (vielleicht zu Unrecht) nicht gerade als die verlässlichste Spezies gilt – könnte man den oben genannten Vorstoß seitens der Heidlmair Geschäftsführung durchaus als Vertrauensvorschuss betrachten. Doch wie wir alle wissen, ist Vertrauen auch an Erwartungen geknüpft und die Herangehensweise bei Heidlmair, regte in meinem Fall dazu an, sich diese genau ins Bewusstsein zu rufen und zu evaluieren.

Intrinsische Motivation statt extrinsische Peitsche

„Vertrauen ist gut, Kontrolle war gestern.“ – ist dieses Motto wirklich so zeitgemäß, wie es klingt, oder doch nur ein idealisiertes PR-Statement, das, wenn überhaupt, in content-fixierten Artikeln hipper Firmenblogs kursiert? Da wir hier ja ebenso in einem Blog unterwegs sind, müsste ich mir fairerweise den Vorwurf gefallen lassen, dass ich alá Baron Münchhausen versuche, mich am eigenen Schopf emporzuziehen. Aber back to the topic: In meiner (äußerst subjektiven) Empfindung löst ein Vertrauensvorschuss eine stärkere und nachhaltigere Verbindlichkeit aus als rigide Kontrolle, da es die intrinsische Motivation anregt, sich zu bewehren – gleichzeitig bietet es aber auch den nötigen Freiheitsraum, auf eigenem Wege die erforderlichen Resultate zu generieren – und die sind letztendlich das, worum es geht.

Allerdings ist das auch typ-bezogen: Für bestimmte Menschen und Unternehmensmodelle mag ein strenges, extrinsisches Kontrollregiment zu einer besseren Performance führen. In der Kreativ- und Kommunikationsbranche ist dagegen ein hohes Maß an Vertrauen infolge einer stark auf Austausch und Eigenverantwortung bauenden Arbeitsdynamik unverzichtbar. Zugleich hat eine auf Vertrauen setzende Unternehmensführung, sofern sie ehrlich evaluiert, zwei evidente Vorteile: Zum einen offenbart sich ein Vertrauensmissbrauch in offenen und hierarchisch flacheren Unternehmensstrukturen weitaus schneller. Auf der anderen Seite eröffnet es einen Raum, in dem sich das maximale Potenzial der Mitarbeiter:innen entfalten kann.

Gehalt ist nicht alles

In meinem Fall ist die Vergütung zwar ein relevanter, aber bei Weitem nicht der wichtigste Faktor. Als heilloser, aber in dieser Form auch funktionaler (Über-)lebenskünstler („never change a running system“) bilden für mich zeitliche sowie örtliche Flexibilität, aber auch der allgemeine Wohlfühlfaktor im Team (und eine gute Kaffeemaschine!) die entscheidenden Parameter. Meine Erwartungen wurden erfreulicherweise übertroffen – auch ohne der spontanen Gehaltserhöhung, wenngleich es den Eindruck einer wertschätzenden Unternehmenskultur klarerweise verstärkt. Dieser Beitrag kann daher auch als ein verwörtlichtes Dankeschön betrachtet werden. Mille Grazie!

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