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Stellenanzeigen: alles, außer Inhalt?

von Johanna Wurzinger
01. 02. 2017
Lesezeit: 4 Minuten

Stellenanzeigen. Sie sind für potentielle neue Mitarbeiter/-innen die erste Visitenkarte des Unternehmens, wie manche meinen. Oder aber in Zeiten der Digitalisierung und des punktgenauen Targetings ohnehin nicht mehr nötig, wie andere postulieren.

Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte: Die Print-Anzeige hat fraglos ihre besten Tage hinter sich, online sind Stelleninserate aber entgegen aller Prophezeiungen nach wie vor ein beliebter und millionenfach genutzter Weg – von Unternehmen und Interessenten gleichermaßen.

 

Alles, außer Inhalt?

Wir wollten wissen, wie es denn nun um die Qualität einer durchschnittlichen Stellenanzeige bestellt ist. An Analysen fehlt es auf den ersten Blick ja keinesfalls: Klickraten werden erhoben, Eye-Tracking ausgewertet – inhaltlich, v.a. semantisch, werden Stellenanzeigen aber erstaunlich wenig durchleuchtet.

Die deutsche Initiative Employer Telling widmet in Zusammenarbeit mit dem Experten für semantische Recruiting-Technologie Textkernel dieser Frage eine umfangreiche Studie, in deren Rahmen 120.000 Online-Stellenanzeigen aus dem Zeitraum Jänner 2015 bis August 2016 von über 500 deutschen Arbeitgebern qualitativ und technisch analysiert wurden.

Das Fazit: ernüchternd.

Differenziert, informativ und leicht erfassbar? Fehlanzeige!

Allein handwerklich gibt es in den Augen der beiden Verfasser schon einmal einiges auszusetzen an dem Medium, das doch eigentlich eine perfekte Selbstpräsentation des Unternehmens in Richtung potentielle neue Bewerber/-innen darstellen sollte: Füllwörter, Bandwurmsätze und Substantivierungen dominieren die Texte und gestalten die Lektüre alles andere als interessant.

Erschwerend kommt hinzu, dass viele Unternehmen die gleiche Wortwahl favorisieren und somit auf sehr ähnliche Keywords setzen. Funfact am Rande: Das häufigste Wörtchen, wenn man es überhaupt so nennen darf, ist „u.a.“, und auch eine ausgeprägte „Bereichitis“ wird den Unternehmen diagnostiziert.

Viele Texte scheinen 1:1 aus der PR-Abteilung übernommen zu sein, die Beschreibung der Arbeitsaufgabe entspricht mehr einer lieblosen Liste von Tätigkeiten, die wenig Einblick in den Arbeitsalltag als solches gibt. Und sind die Unternehmen wenigstens großzügig mit Auskünften über Benefits, die Unternehmenskultur und sonstige Angebote? Sie werden es schon befürchtet haben: Nein, sind sie nicht.

Wer Wasser predigt, sollte eigentlich keinen Wein trinken.

Anders gesagt, dürfte man es sich eigentlich nicht erlauben, eine „aussagekräftige Bewerbung“ zu fordern, während man selbst auf einen austauschbaren Sermon voller PR-Phrasen, Nominalsätzen und klischeebehafteten Floskeln setzt.

Dabei, so die Quintessenz der Studie, wäre es gar nicht so schwer, mittels Stellenanzeigen nachhaltige Arbeitgeberkommunikation in Gang zu setzen. Ein Moment der Konzentration auf die Botschaft, die man wirklich vermitteln will. Ein klarer und lesbarer Sprachstil, der sowohl eine „packende Beschreibung der Aufgabe“ als auch eine authentische Darstellung der Unternehmenskultur vermittelt. Abkehr von kundenorientierten PR-Phrasen und Fokus auf die Kommunikation als Arbeitgeber.

Alles in allem, wie es die Verfasser treffend ausdrücken:
Mut zur Differenzierung!

Erzielt Google das perfekte Matching?

Im „war for talent“ sollten Unternehmen eigentlich mit einer maßgeschneiderten, zielgruppenspezifischen Ansprache die perfekten Mitarbeiter/-innen rekrutieren. Unternehmen erkennen zwar zunehmend die Situation, Kandidaten auf sich aufmerksam machen zu müssen, stehen aber mit austauschbaren Nicht-Inhalten vor einer schwierigen Ausgangsbasis.

Schafft Google hier Abhilfe? 

Mit seiner brandneuen Cloud Jobs API will der IT-Gigant die lingua franka zwischen Recruitern und Bewerbern schaffen. Mittels machine learning soll das Tool Stellentitel decodieren, Muster erkennen und den Kandidaten die perfekt auf ihre Qualifikation und Wünsche abgestimmten Stelleninserate vorschlagen – auch die, nach denen er nicht gesucht hätte oder die er aufgrund missverständlicher Jobbetitelung nicht geklickt hätte.

Sicher ein Schritt in die richtige Richtung – aber ob Kandidaten sich dann auch tatsächlich bei den angezeigten Unternehmen bewerben, wird wohl nach wie vor stark vom Inhalt der Anzeige abhängen.

 

 Weitere interessante Links zum Thema:

www.hzaborowski.de/2016/11/28/stellenanzeigen-sind-austauschbar-ja-klar

www.personalmarketing2null.de/2016/11/google-revolutioniert-den-jobboersen-markt

www.cloud.google.com/blog/big-data/2016/11/cloud-jobs-api-machine-learning-goes-to-work-on-job-search-and-discovery

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